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Post-Achievement-Leere: Wie finde ich neue Ziele und Energie nach einem Karriere-Meilenstein?

Von Heidi Steinberger

Der Moment nach dem Höhepunkt

Jahrelang arbeitet man auf ein großes Ziel hin – sei es die Beförderung in eine Führungsposition, der erfolgreiche Abschluss eines komplexen Projekts oder der Aufbau eines eigenen Unternehmens. Doch kaum ist das Ziel erreicht, stellt sich nicht selten ein Gefühl der Leere ein. Anstelle der erwarteten Euphorie folgt eine Phase der Orientierungslosigkeit. Was nun? Wofür aufstehen, wenn das große Ziel, das so lange den Alltag bestimmt hat, plötzlich wegfällt? Dieses Phänomen ist als Post-Achievement-Leere oder Post-Erfolgs-Depression bekannt. Es betrifft nicht nur Spitzensportler, sondern auch Führungskräfte, Unternehmer und ambitionierte Fachkräfte, die über Jahre auf einen bestimmten Meilenstein hingearbeitet haben. Die Herausforderung besteht nun darin, neue Ziele zu definieren – und vor allem die Energie aufzubringen, sie mit derselben Begeisterung zu verfolgen.

Warum fällt es so schwer, nach einem großen Erfolg neue Ziele zu setzen?

Wenn ein bedeutender beruflicher Erfolg erreicht ist, entsteht oft ein Vakuum. Dafür gibt es mehrere Gründe:
  1. Identitätsverlust: Wer sich über Jahre stark mit einer Position, einem Projekt oder einer Karriereentwicklung identifiziert hat, kann nach dessen Abschluss das Gefühl bekommen, dass ein Teil der eigenen Identität fehlt.
  2. Dopamin-Abfall: Der Weg zum Ziel war von Motivation, Herausforderungen und Belohnungen geprägt. Ist das Ziel erreicht, fehlt die tägliche Dosis Dopamin – das „Motivationshormon“.
  3. Fehlende äußere Struktur: Während eines ambitionierten Karriereweges gibt es klare Strukturen, Deadlines und Feedbackmechanismen. Ist das Ziel erreicht, muss diese Struktur neu geschaffen werden.
  4. „War das schon alles?“-Gefühl: Manche Menschen hinterfragen nach großen Erfolgen, ob der Einsatz es wert war oder was nun noch kommen kann, das ebenso erfüllend ist.

    Wie lassen sich neue Ziele identifizieren?

    Der Schlüssel, um aus diesem Zustand herauszukommen, liegt nicht nur im nächsten Karriereziel, sondern in einer bewussten Reflexion und Neuausrichtung. Hier sind einige Ansätze:
    1. Eigene Werte und intrinsische Motivation hinterfragen Anstatt sich sofort in das nächste große Projekt zu stürzen, hilft es, innezuhalten und sich zu fragen:
      • Was hat mich an meinem bisherigen Ziel wirklich motiviert?
      • Welche Aspekte meines Erfolges haben mir die größte Zufriedenheit gegeben?
      • Welche Werte sind mir im Berufsleben am wichtigsten?
      Diese Reflexion kann aufzeigen, welche Art von Zielen wirklich sinnstiftend ist.

    2. Ein Spektrum an Karrierezielen aufbauen Oft fixieren wir uns auf ein einziges großes Ziel. Nachhaltiger ist es, ein breites Spektrum an Zielen zu haben:
      • Kurzfristige Ziele: Kleine, erreichbare Herausforderungen, die schnell Erfolgserlebnisse bringen, z. B. die Weiterentwicklung einer bestimmten Fähigkeit oder der Aufbau eines neuen Netzwerks.
      • Mittelfristige Ziele: Projekte oder Weiterentwicklungen, die über Monate hinweg motivieren, z. B. eine neue Position anstreben oder ein wichtiges berufliches Netzwerk ausbauen.
      • Langfristige Ziele: Visionen für die nächsten Jahre, die eine größere Richtung vorgeben, z. B. die strategische Entwicklung der eigenen Karriere oder der Aufbau einer eigenen Unternehmung.

    3. Den Fokus auf persönliches Wachstum legen Anstatt das nächste messbare Karriereziel zu suchen, kann es sinnvoll sein, den eigenen Entwicklungspfad in den Mittelpunkt zu stellen:
      • Welche Fähigkeiten möchte ich weiterentwickeln?
      • Welche neuen Herausforderungen reizen mich?
      • Welche beruflichen Rollen kann ich aus einer neuen Perspektive betrachten?

    4. Den Sinn in neuen Aufgaben erkennen Manchmal liegt die nächste erfüllende Aufgabe nicht in einem weiteren Aufstieg, sondern in neuen Facetten des Berufslebens – sei es Mentoring, Wissenstransfer oder der Einstieg in ein neues Themengebiet.

    5. Ein neues Energie-Level aufbauen Nach einer intensiven Karrierephase ist es normal, dass die Energiereserven aufgebraucht sind. Bevor neue Ziele mit voller Kraft angegangen werden, ist es essenziell:
      • Sich bewusst Zeit für Erholung und Regeneration zu nehmen.
      • Körperlich und mental neue Energiequellen zu erschließen (z. B. durch Sport, Meditation, Weiterbildung).
      • Nicht aus einem Gefühl der Leere heraus zu handeln, sondern aus einer wiedergewonnenen inneren Stärke.

    Fazit: Erfolg als Prozess, nicht als Endpunkt

    Nach einem großen Karrieremeilenstein in ein Loch zu fallen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein natürlicher Prozess. Die entscheidende Frage ist: Was kann aus dieser Phase erwachsen? Wer sich bewusst Zeit für Reflexion nimmt, sich mit seinen intrinsischen Werten auseinandersetzt und neue Perspektiven einnimmt, wird nicht nur neue Ziele finden – sondern auch mit neuer Energie an sie herangehen.

    Autoreninformation

    Heidi Steinberger ist langjähriges Mitglied der DGfK – Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V., LinkedIn Top Voice und Xing Insiderin. Sie unterstützt als Personalberaterin, Karriere-Coachin und Expertin für Potenzialermittlung Menschen dabei, ihre Stärken zu erkennen und erfolgreich ihre beruflichen Ziele zu erreichen.

    Jobkrise? Warum Ihr nächster Karriereschritt in einem Bild stecken könnte

    Von Melanie Schumacher

    Sie fühlen sich zunehmend gestresst im Job? Sie haben bereits viele Gespräche geführt, unterschiedliche Ratschläge gehört und verschiedene Lösungswege durchdacht – doch nichts hat wirklich etwas verändert? Vielleicht haben Sie sogar schon mit dem Gedanken gespielt, Ihren Job zu kündigen, obwohl Ihr Arbeitsplatz grundsätzlich attraktiv ist. Bevor Sie diesen Schritt gehen, sollten Sie eine alternative Herangehensweise in Betracht ziehen: die Arbeit mit Bildern. Lesen Sie dazu hier einen Fallbericht.

    Coachingfall: Klient S. auf der Suche nach beruflicher Klarheit

    Mein Klient S. hatte eine Teamleitungsposition bei einem renommierten Unternehmen – eigentlich seine Traumstelle. Doch seit einigen Monaten fühlte er sich zunehmend unwohl und gestresst. Seine Unzufriedenheit wuchs so stark, dass er nicht nur seine aktuelle Position, sondern sogar seine gesamte Berufswahl infrage stellte.

    An diesem Punkt kontaktierte mich S. mit dem Wunsch nach einer Standortbestimmung. Er suchte Klarheit über die Ursachen seiner beruflichen Unzufriedenheit sowie Impulse für mögliche Lösungsstrategien.

    Zu Beginn interessierte mich vor allem seine eigene Sicht auf die Situation und seine Erklärungsansätze. Schnell wurde deutlich, dass er häufig Verantwortung übernahm, dabei jedoch regelmäßig seine eigenen Grenzen vernachlässigte. Wir erarbeiteten verschiedene Ansätze zur Selbstfürsorge. Vieles hatte er bereits ausprobiert – mit mäßigem Erfolg. Eine klare Lösung schien zunächst nicht in Sicht.

    An diesem Punkt schlug ich ihm ein Experiment vor: die Arbeit mit Bildern.

    Die wissenschaftliche Grundlage: Warum arbeiten wir im Coaching mit Bildern?

    Die kognitive Psychologie unterscheidet zwei grundlegende Systeme der Informationsverarbeitung: das explizite, bewusste Denken (Verstand) und das implizite, unbewusste Erfahrungswissen. Während der Verstand strukturiert, analytisch und sprachlich operiert, verarbeitet das Unbewusste Informationen auf einer intuitiven und emotionalen Ebene. Evolutionsbiologisch betrachtet ist das Unbewusste älter als der rationale Verstand und beeinflusst unser Handeln maßgeblich durch automatisierte Reaktionsmuster.

    Da sich viele unserer Handlungsimpulse aus diesem unbewussten Erfahrungsschatz speisen, ist es essenziell, diesen Bereich in den Lösungsprozess einzubeziehen. Die Arbeit mit Bildern stellt eine effektive Möglichkeit dar, unbewusste Ressourcen zu aktivieren und neue Handlungsperspektiven zu erschließen. So können emotionale und gedankliche Prozesse tiefgehender angesprochen werden als durch rein sprachbasierte Interventionen. Dies erlaubt neue Impulse bei einer Vielzahl von Fragestellungen.

    Motivierende Selbstfürsorge mit dem Wellenreiter

    Mein Klient wählte spontan das Bild eines Wellenreiters für sein Thema: „Wie kann ich gut für mich sorgen?“ Sofort tauchten Erinnerungen an eine längere Auszeit in Neuseeland auf, die er zwischen zwei Jobs verbracht hatte. Als ich ihn bat, davon zu erzählen, lächelte er und schilderte begeistert das Wellenreiten, die Bewegung in der Natur und das Gefühl grenzenloser Freiheit. Dabei wurde ihm bewusst, wie sehr ihm diese Zeit in der freien Natur fehlte.

    Gemeinsam entwickelten wir einen Plan, um seine Arbeitszeit zu reduzieren. Mit dem Bild des Wellenreiters vor Augen spürte er Zuversicht – er erkannte, dass sein Job ihm genau die Freiheit ermöglichen kann, die er damit verbindet. Sein Arbeitgeber stand einer Reduzierung der Arbeitszeit offen gegenüber, und auch finanziell blieb ihm genug Spielraum, um regelmäßig Zeit in der Natur zu verbringen.

    Fazit: Mit Bildern neue berufliche Klarheit finden

    Die Fallstudie zeigt, dass sich festgefahrene berufliche Situationen nicht immer allein durch logische Analyse lösen lassen. Vielmehr kann die gezielte Integration bildhafter Elemente neue Impulse freisetzen und einen tieferen Zugang zu individuellen Bedürfnissen eröffnen. Dadurch wird das Unbewusste angesprochen und ungenutzte Ressourcen können aktiviert werden.

    Für alle, die trotz intensiver Reflexion keine zufriedenstellende Lösung finden, kann dieser Ansatz eine wertvolle Ergänzung sein. Fühlen Sie sich in Ihrer beruflichen Situation festgefahren? Dann könnte die Arbeit mit Bildern auch für Sie eine effektive Methode sein, um neue Perspektiven zu gewinnen und nachhaltige Veränderungen einzuleiten. Vielleicht wartet Ihre persönliche Erkenntnis in einem Bild auf Sie.

    Hinweis: Die hier geschilderte Arbeit mit Bildern orientiert sich am Vorgehen des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM®) nach Maja Storch.

    Autoreninformation

    Melanie Schumacher ist Diplom-Kauffrau, systemischer Coach, Karriereberaterin und ZRM®-Coach. Sie hat sich mit ihrem Beratungsunternehmen Karriere&Perspektiven auf berufliche Neuorientierung von erfahrenen Fach- und Führungskräften spezialisiert. Seit 2017 ist sie Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung e.V. und seit 2022 als stellvertretende Vorständin aktiv.