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Jobkrise? Warum Ihr nächster Karriereschritt in einem Bild stecken könnte

Von Melanie Schumacher

Sie fühlen sich zunehmend gestresst im Job? Sie haben bereits viele Gespräche geführt, unterschiedliche Ratschläge gehört und verschiedene Lösungswege durchdacht – doch nichts hat wirklich etwas verändert? Vielleicht haben Sie sogar schon mit dem Gedanken gespielt, Ihren Job zu kündigen, obwohl Ihr Arbeitsplatz grundsätzlich attraktiv ist. Bevor Sie diesen Schritt gehen, sollten Sie eine alternative Herangehensweise in Betracht ziehen: die Arbeit mit Bildern. Lesen Sie dazu hier einen Fallbericht.

Coachingfall: Klient S. auf der Suche nach beruflicher Klarheit

Mein Klient S. hatte eine Teamleitungsposition bei einem renommierten Unternehmen – eigentlich seine Traumstelle. Doch seit einigen Monaten fühlte er sich zunehmend unwohl und gestresst. Seine Unzufriedenheit wuchs so stark, dass er nicht nur seine aktuelle Position, sondern sogar seine gesamte Berufswahl infrage stellte.

An diesem Punkt kontaktierte mich S. mit dem Wunsch nach einer Standortbestimmung. Er suchte Klarheit über die Ursachen seiner beruflichen Unzufriedenheit sowie Impulse für mögliche Lösungsstrategien.

Zu Beginn interessierte mich vor allem seine eigene Sicht auf die Situation und seine Erklärungsansätze. Schnell wurde deutlich, dass er häufig Verantwortung übernahm, dabei jedoch regelmäßig seine eigenen Grenzen vernachlässigte. Wir erarbeiteten verschiedene Ansätze zur Selbstfürsorge. Vieles hatte er bereits ausprobiert – mit mäßigem Erfolg. Eine klare Lösung schien zunächst nicht in Sicht.

An diesem Punkt schlug ich ihm ein Experiment vor: die Arbeit mit Bildern.

Die wissenschaftliche Grundlage: Warum arbeiten wir im Coaching mit Bildern?

Die kognitive Psychologie unterscheidet zwei grundlegende Systeme der Informationsverarbeitung: das explizite, bewusste Denken (Verstand) und das implizite, unbewusste Erfahrungswissen. Während der Verstand strukturiert, analytisch und sprachlich operiert, verarbeitet das Unbewusste Informationen auf einer intuitiven und emotionalen Ebene. Evolutionsbiologisch betrachtet ist das Unbewusste älter als der rationale Verstand und beeinflusst unser Handeln maßgeblich durch automatisierte Reaktionsmuster.

Da sich viele unserer Handlungsimpulse aus diesem unbewussten Erfahrungsschatz speisen, ist es essenziell, diesen Bereich in den Lösungsprozess einzubeziehen. Die Arbeit mit Bildern stellt eine effektive Möglichkeit dar, unbewusste Ressourcen zu aktivieren und neue Handlungsperspektiven zu erschließen. So können emotionale und gedankliche Prozesse tiefgehender angesprochen werden als durch rein sprachbasierte Interventionen. Dies erlaubt neue Impulse bei einer Vielzahl von Fragestellungen.

Motivierende Selbstfürsorge mit dem Wellenreiter

Mein Klient wählte spontan das Bild eines Wellenreiters für sein Thema: „Wie kann ich gut für mich sorgen?“ Sofort tauchten Erinnerungen an eine längere Auszeit in Neuseeland auf, die er zwischen zwei Jobs verbracht hatte. Als ich ihn bat, davon zu erzählen, lächelte er und schilderte begeistert das Wellenreiten, die Bewegung in der Natur und das Gefühl grenzenloser Freiheit. Dabei wurde ihm bewusst, wie sehr ihm diese Zeit in der freien Natur fehlte.

Gemeinsam entwickelten wir einen Plan, um seine Arbeitszeit zu reduzieren. Mit dem Bild des Wellenreiters vor Augen spürte er Zuversicht – er erkannte, dass sein Job ihm genau die Freiheit ermöglichen kann, die er damit verbindet. Sein Arbeitgeber stand einer Reduzierung der Arbeitszeit offen gegenüber, und auch finanziell blieb ihm genug Spielraum, um regelmäßig Zeit in der Natur zu verbringen.

Fazit: Mit Bildern neue berufliche Klarheit finden

Die Fallstudie zeigt, dass sich festgefahrene berufliche Situationen nicht immer allein durch logische Analyse lösen lassen. Vielmehr kann die gezielte Integration bildhafter Elemente neue Impulse freisetzen und einen tieferen Zugang zu individuellen Bedürfnissen eröffnen. Dadurch wird das Unbewusste angesprochen und ungenutzte Ressourcen können aktiviert werden.

Für alle, die trotz intensiver Reflexion keine zufriedenstellende Lösung finden, kann dieser Ansatz eine wertvolle Ergänzung sein. Fühlen Sie sich in Ihrer beruflichen Situation festgefahren? Dann könnte die Arbeit mit Bildern auch für Sie eine effektive Methode sein, um neue Perspektiven zu gewinnen und nachhaltige Veränderungen einzuleiten. Vielleicht wartet Ihre persönliche Erkenntnis in einem Bild auf Sie.

Hinweis: Die hier geschilderte Arbeit mit Bildern orientiert sich am Vorgehen des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM®) nach Maja Storch.

Autoreninformation

Melanie Schumacher ist Diplom-Kauffrau, systemischer Coach, Karriereberaterin und ZRM®-Coach. Sie hat sich mit ihrem Beratungsunternehmen Karriere&Perspektiven auf berufliche Neuorientierung von erfahrenen Fach- und Führungskräften spezialisiert. Seit 2017 ist sie Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung e.V. und seit 2022 als stellvertretende Vorständin aktiv.

Hören Sie auf zu warten! So steuern Sie Ihre Karriere aktiv

Von Josef Albers

In der Karriereplanung ist die Unterscheidung zwischen Lead Measures (führende Kennzahlen) und Lag Measures (nachlaufende Kennzahlen) entscheidend. Dieses Prinzip hilft Fach- und Führungskräften dabei, ihre beruflichen Ziele systematisch zu erreichen.

Das Problem mit klassischen Karriere-Zielen

Lag Measures sind klassische Erfolgskennzahlen, die sich erst im Nachhinein messen lassen. Dazu gehören Gehaltserhöhungen, Beförderungen oder Jobwechsel – sie sind wichtig, aber nicht direkt steuerbar.

Lead Measures hingegen sind Aktivitäten, die maßgeblich dazu beitragen, dass gewünschte Ergebnisse eintreten. Beispiele:

  • Strategisches Netzwerken: Regelmäßiger Austausch mit relevanten Kontakten.
  • Fachliche Weiterentwicklung: Fortbildungen oder gezielte Projektverantwortung.
  • Sichtbarkeit erhöhen: Beiträge veröffentlichen oder Vorträge halten.
  • Proaktives Karrieremanagement: Gezielte Bewerbungen und Kontakt zu Headhuntern.

Erfolg wartet nicht – also handeln Sie!

Viele verharren in der Erwartung, dass sich durch Lag Measures alles zum Positiven entwickelt („Ich warte auf eine Beförderung.“). Wer stattdessen Lead Measures gezielt steuert, nimmt seine Karriere selbst in die Hand.

Beispiel aus der Praxis: Anna, erfahrene Projektmanagerin, strebte eine Führungsposition an. Statt auf eine interne Beförderung zu hoffen, definierte sie Lead Measures: Sie nahm an Führungskräftetrainings teil, baute gezielt ihr Netzwerk aus und machte sich in internen Meetings sichtbar. Innerhalb eines Jahres erhielt sie ein attraktives Jobangebot – ihr strategisches Vorgehen zahlte sich aus.

Die 4 besten Maßnahmen für Ihre Karriere

Wer seine berufliche Entwicklung aktiv steuern will, kann folgende Lead Measures definieren:

  1. Netzwerken ausbauen: Jeden Monat drei neue Kontakte in der Branche knüpfen.
  2. Kompetenzen erweitern: Ein gezieltes Weiterbildungsprogramm starten.
  3. Sichtbarkeit erhöhen: Fachbeiträge oder Präsentationen halten.
  4. Karriereoptionen prüfen: Proaktiv Chancen im Markt evaluieren.

Warten oder Gewinnen? Sie entscheiden!

Langfristiger Karriereerfolg ist kein Zufall, sondern das Ergebnis gezielter, wiederholbarer Maßnahmen. Wer auf die richtigen Lead Measures setzt, steuert seine berufliche Zukunft aktiv.

Jetzt umsetzen – oder weiter träumen?

Welche Lead Measures bringen Ihre Karriere gezielt voran? Definieren Sie drei konkrete Maßnahmen und setzen Sie diese konsequent um.

Haben Sie das Gefühl, dass sich ihre Laufbahn nicht so entwickelt, wie Sie es sich wünschen?

Professionelle Karriere-Beratung unterstützt Sie dabei, die richtigen Weichen zu stellen – für ein zufriedenes Berufs- und Privatleben.

Autoreninformation

Josef Albers ist Diplom-Psychologe und hat sich mit seinem Beratungsunternehmen Kernfindung auf berufliche Zielfindung spezialisiert. Er ist seit 2006 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung e.V.

Wie KI Ihre berufliche Veränderung unterstützen kann – und warum Karrierecoaching wichtiger denn je ist

Von Oliver Braust

Der Wandel in der Arbeitswelt war selten so spürbar wie heute. Digitalisierung, Automatisierung und Globalisierung verändern ganze Berufsfelder, und viele Menschen stehen vor der Herausforderung, sich neu zu orientieren. Gleichzeitig bietet der technologische Fortschritt – insbesondere durch Künstliche Intelligenz (KI) – spannende neue Möglichkeiten, die berufliche Veränderung aktiv und gezielt zu gestalten.
In diesem Beitrag zeige ich Ihnen, wie Sie mithilfe von KI-gestützten Tools und Ressourcen Ihre Karriereentwicklung vorantreiben können – und warum die menschliche Komponente in der Karriereberatung dennoch unverzichtbar bleibt.

1. Personalisierte Karriereberatung durch KI

Traditionelle Karriereberatung wird zunehmend durch KI-gestützte Plattformen ergänzt, die individuelle Beratung bieten. Programme analysieren mithilfe von Algorithmen Ihre Fähigkeiten, Erfahrungen und Interessen, um personalisierte Empfehlungen für mögliche Karrierepfade zu geben. Beispiele hierfür sind LinkedIn Career Explorer oder spezialisierte Job-Matching-Algorithmen, die Ihnen helfen, neue berufliche Felder zu entdecken.

Doch trotz dieser Technologie bleibt die Rolle eines erfahrenen Karrierecoachs zentral: Ein Coach geht auf Ihre persönlichen Anliegen, Emotionen und Unsicherheiten ein – Dinge, die KI allein nicht erfassen kann. Karriereentscheidungen sind häufig mit komplexen Gefühlen verbunden, wie Ängsten oder Zweifeln, bei denen empathische Unterstützung und ein tiefes Verständnis für Ihre individuelle Situation notwendig sind.

2. Optimierung Ihrer Bewerbungsunterlagen

KI-Tools wie Zety oder Resume.io bieten eine schnelle Möglichkeit, Lebensläufe und Anschreiben zu erstellen und auf Stellenanzeigen anzupassen. Sie helfen, Ihre Unterlagen zu analysieren und Verbesserungen vorzuschlagen, von der Formulierung bis hin zur Schlüsselwortoptimierung für Bewerbungsmanagementsysteme (Applicant Tracking Systems, ATS).

Trotz dieser Automatisierung bleibt jedoch ein erfahrener Karrierecoach entscheidend: Ein Coach hilft Ihnen nicht nur dabei, Ihre Unterlagen zu optimieren, sondern auch, Ihre individuelle Geschichte zu erzählen und Ihren beruflichen Werdegang in den richtigen Kontext zu setzen. Er unterstützt Sie dabei, Ihre einzigartige Kombination aus Fähigkeiten, Werten und Zielen so zu präsentieren, dass Sie bei Personalverantwortlichen einen bleibenden Eindruck hinterlassen – etwas, das KI-Tools nur schwer leisten können.

3. Weiterbildung leicht gemacht

Plattformen wie Coursera oder LinkedIn Learning nutzen KI, um Ihnen passende Lernpfade zu empfehlen, die auf Ihre Vorkenntnisse und Karrierezielen abgestimmt sind. Sie können so Wissenslücken schließen oder sich neue, stark nachgefragte Kompetenzen aneignen.

Ein Karrierecoach ist hier wiederum sinnvoll bei der strategischen Auswahl und Planung Ihrer Weiterbildung. KI-Algorithmen basieren auf Daten, aber ein Coach versteht Ihre gesamte berufliche Situation, Ihre langfristigen Ziele und Ihre persönlichen Präferenzen. Er kann Sie dabei unterstützen, nicht nur die „richtigen“ Kurse zu belegen, sondern auch herauszufinden, was für Sie als Individuum wirklich sinnvoll ist und Sie langfristig beruflich erfüllt.

4. Selbstständigkeit und KI – ein unschlagbares Team

Für Menschen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, bieten KI-Tools wie ChatGPT oder Jasper Unterstützung bei der Erstellung von Inhalten, Geschäftsstrategien oder der Automatisierung von Routineaufgaben. Diese Technologien ermöglichen eine erhebliche Zeitersparnis und helfen, effizient zu arbeiten.

Aber auch hier gilt: Ein Coach ist mehr als nur ein technischer Berater. Er hilft Ihnen, Ihre unternehmerischen Visionen zu konkretisieren, Entscheidungen aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten und mögliche Risiken zu erkennen. Der persönliche Austausch mit einem Coach bietet Raum für Reflexion und kreative Problemlösung – Dinge, die KI zwar unterstützen, aber nicht ersetzen kann.

5. Berufliche Netzwerkpflege durch KI-Algorithmen

Netzwerke sind in der modernen Arbeitswelt unverzichtbar. Plattformen wie LinkedIn nutzen KI, um Ihnen relevante Kontakte, Veranstaltungen oder Gruppen vorzuschlagen, die zu Ihren Karrierezielen passen. Diese Funktionen erleichtern das Networking erheblich.

Doch erfolgreiche Netzwerkpflege beruht auf menschlichen Beziehungen. Ein Karrierecoach kann Ihnen nicht nur Tipps geben, wie Sie ein Netzwerk aufbauen, sondern auch, wie Sie authentische Verbindungen zu Menschen herstellen, die Ihnen auf Ihrem Karriereweg weiterhelfen können. Während KI Verbindungen auf Basis von Daten vorschlägt, hilft Ihnen ein Coach, aus diesen Vorschlägen gezielt wertvolle, menschliche Kontakte zu knüpfen.

Warum Karrierecoaching trotz KI unverzichtbar bleibt

Künstliche Intelligenz ist ein mächtiges Werkzeug, das uns in vielen Aspekten der beruflichen Neuorientierung unterstützt. Sie spart Zeit, bietet datenbasierte Einblicke und hilft uns, auf neue Karrierechancen aufmerksam zu werden. Doch Karriere ist mehr als nur Daten und Algorithmen.

Der menschliche Aspekt – Empathie, emotionales Verständnis und individuelle Unterstützung – kann von keiner KI ersetzt werden. Ein Karrierecoach erkennt nicht nur Ihre Stärken, sondern versteht auch Ihre Bedürfnisse und Motive auf einer tiefen, persönlichen Ebene. Er hilft Ihnen, Ihre berufliche Identität zu formen, Ihre Ziele klar zu definieren und Sie durch die Höhen und Tiefen des Veränderungsprozesses zu begleiten.

In einer Zeit, in der technische Lösungen immer präsenter werden, bleibt die persönliche Beratung durch einen Karrierecoach der Schlüssel, um nicht nur den nächsten Job zu finden, sondern eine erfüllte, sinnvolle Karriere zu gestalten.

Fazit: KI als Werkzeug, der Karrierecoach als Partner

Künstliche Intelligenz kann Ihnen viele Türen öffnen, von der Karriereberatung über die Weiterbildung bis hin zur Optimierung Ihrer Bewerbungsunterlagen. Doch die Erfahrung, das Wissen und die emotionale Intelligenz eines Karrierecoachs bieten eine unverzichtbare menschliche Komponente, die KI allein nicht leisten kann. Nutzen Sie KI als Werkzeug – aber verlassen Sie sich auf die Erfahrung eines Karriere-coaches, um Ihre beruflichen Veränderungen erfolgreich und nachhaltig zu gestalten.

Autoreninformation Oliver Braust ist Mitglied der DGfK, seit vielen Jahren Karrierecoach und unterstützt Menschen aktiv bei beruflichen Veränderungen und Neustarts.

Es braucht Ohnmachtskompetenz um in der Unordentlichkeit der Welt handlungsfähig zu bleiben

Von Brigitte Scheidt

Haben Sie auch das Gefühl, früher war die Welt einfacher, es wird immer komplizierter und komplexer? Wenn Sie das bejahen, haben Sie vermutlich recht. Krisen, Kriege, Katastrophen, Klima, KI – Fluch oder Segen – der gesellschaftliche Zusammenhalt wird weniger, autoritäres Denken nimmt zu, der Planungshorizont in Wirtschaft und Politik wird zwangsläufig kürzer. Das Gefühl von Unsicherheit macht sich breit. „Ich kann es nicht mehr hören, ich mag die Nachrichten nur noch portionsweise aufnehmen.“, sagen uns Klienten. „Change is always a mess“ und Veränderungen sind immer auch anstrengend. Das war schon immer so. Jetzt verlaufen die Prozesse aber disruptiv, plötzlich und wenig kalkulierbar. Sprachen wir vor wenigen Jahren noch von der VUCA-Welt (volatility, uncertainty, complexity und ambiguity), so kennzeichnet das englische Akronym BANI die Veränderung hin zu einer Welt, die durch Brüchigkeit, Angst, Nicht-Linearität und Unbegreiflichkeit gekennzeichnet ist. Dies macht etwas mit uns Menschen.

Sich verunsichert bis ohnmächtig zu fühlen, führt zu mangelnder innerer und auch äußerer Stabilität. Die innere Orientierung ist verloren gegangen und damit auch projektive Zugehörigkeiten. Gerade Corona oder auch der Brexit haben gezeigt, wie schnell Zusammengehörigkeit zerbrechen kann, wenn die Grundkonfluenz nicht mehr gegeben ist, in Hinsicht auf gemeinsame Vorstellungen und Verbindlichkeiten.

Wir wissen in vielem nicht (mehr) Bescheid, Orientierung fehlt. Es gibt weniger, worauf wir uns (noch) verlassen können. Selbstverständlichkeiten werden in Frage gestellt, Berufe und Kenntnisse verlieren in kurzer Zeit ihre Bedeutung. So kommt beispielsweise eine DIW-Studie (DIW Newsletter 28.08.2024) nach Auswertung von über einer Million ausgeschriebener Aufträge für Freiberufler*innen auf Online-Plattformen zum Ergebnis, dass die Nachfrage nach digitalen, automatisierungsanfälligen Aufträgen im Durchschnitt acht Monate nach Einführung von ChatGPT um ein Fünftel zurückgegangen ist. Diese Umwälzungen betreffen natürlich nicht nur Freiberufler, sondern analog auch qualifizierte Angestellte. Auch in den Betrieben schreiten die großen Transformationen voran – nur welche ist jeweils die Richtige?

Im Rahmen dieses Karrierespots kann das Thema nur angerissen werden und es geht auch nicht darum, Katastrophendenken heraufzubeschwören, sondern Anregungen zu geben: Wie geht man mit und in Situationen um, die durch Unschärfe und Nichtwissen gekennzeichnet sind?

Was passiert mit uns?

Unsere eigenen gängigen Erwartungen an Planung und Vorhersehbarkeit, unser bisheriger Umgang mit Problemen greifen immer weniger – und das gilt für alle (Hierarchie-) Ebenen, denn die alten Antworten und Methoden sind angesichts der Herausforderungen in Frage gestellt. Dies ist u.a. auch kränkend, weil erworbenes Wissen und vertiefte Fähigkeiten durch die neuen Anforderungen entwertet werden. Selbstbilder werden stark angekratzt, ich wusste und musste immer Bescheid wissen und nun stehe ich ratlos herum. Niemand weiß, wie die Welt in zwei oder fünf Jahren sein wird, wirtschaftlich, geopolitisch, politisch und sozial. Und dies alles wirkt verunsichernd bzw. macht hilflos – und wie wir alle wissen, gehen Menschen mit Hilflosigkeit und Ohnmachtsgefühlen sehr unterschiedlich um.

Unsere Welt ist ungeübt in der Ohnmachtskompetenz.

Es gilt zu lernen, mit der eigenen Verunsicherung und den damit einhergehenden Gefühlen positiv umzugehen, um unter Berücksichtigung der Besonderheit der einzelnen Person handlungsfähig zu bleiben oder zu werden. Wir müssen dazu Ohnmachtskompetenz entwickeln. Wenn es die neue Normalität ist, dass wir einfach nicht Bescheid wissen können und dass beispielsweise langfristige Planung und auch manche Prozesse schnell wieder hinfällig werden, dann ist Ohnmachtskompetenz meines Erachtens ein vielversprechender Weg, um wieder Selbstwirksamkeit zu spüren. Dafür gibt es verschiedene Schritte, die ich hier kurz skizziere.

Mustererkennung

Um Ohnmachtskompetenz bewusst zu gewinnen hilft es, sich mit den eigenen Mustern auseinanderzusetzen. Ich kann nur etwas ändern, dessen ich gewahr bin.

Es hilft, schon mal das Klagen, dass es so ist wie es ist, einzustellen bzw. zu begrenzen. Dinge sind im Fluss und ändern sich schnell. Der Wunsch nach Routinen und klaren Prozessen ist verständlich aber für diese sich schnell ändernde Welt nicht passend. Daher, was kann man tun, um sich in dieser unordentlichen Welt so zu verhalten, dass es einem gut geht und man agieren kann?

Am Anfang hilft wie immer eine Bestandsanalyse:

Dazu kann man untersuchen, wie gehe ich mit meinen Unsicherheits- bzw. Ohnmachtsgefühlen um. Also, was mache ich üblicherweise wie per Autopilot, wenn ich nicht weiterweiß?

Neige ich dazu, etwas zu machen, um wieder Selbstwirksamkeit zu gewinnen? Vermeide ich? Werde ich aggressiv? Trinke ich mich zu? Tanze ich die Nächte durch? Informiere ich mich, denken Sie an den Corona-Podcast von Drosten? Suche ich Menschen, mit denen ich klagen kann? Suche ich Rat bei anderen? Feiere ich, denn es kann immer mal das letzte Fest sein? Usw.!

Menschen haben, bewusst oder unbewusst, unterschiedliche Strategien, um Ohnmachtsgefühle zu reduzieren oder nicht zu spüren. Im Hintergrund kann man meist weitere Gefühle wie Scham, Ärger, Enttäuschung über sich oder/und die anderen entdecken.

Auf das agile Mindset kommt es an

Mehr Wissen über Situationen hilft in der Regel, doch es kommt besonders auf das Mindset der Handelnden an und damit auf die Person. Neben der Identifizierung der eigenen Muster gilt es, sich den eigenen (negativen) Gefühlen zu stellen. Das könnte z.B. heißen: Ja, auch ich als Entscheider:in habe Angst und ich fühle mich schlecht, weil ich keine Antwort weiß. Es ist zentral, die eigenen Gefühle zuzulassen und anzunehmen, und auch „gnädig“ und geduldig mit sich zu sein.

Wenn Sie sich mit dem Thema Ohnmachtskompetenz vertiefter auseinandersetzen wollen, dann sind Sie als Person direkt gefragt. Uns bleibt nur, eine eigene Orientierung zu entwickeln, um mit Nichtwissen und Unschärfen in dieser BANI-Welt umzugehen. Es geht nicht darum, es „richtig“ zu tun, sondern das – nach den eigenen Kriterien – Richtige und immer wieder auf Sicht zu fahren. So sind wir in der Lage, unter Unsicherheit zu entscheiden und gegenüber Dritten und uns selbst dazu zu stehen.

Sich zu kennen und die eigenen Annahmen zu hinterfragen, immer wieder reflexive Schleifen ins Handeln einzubauen, sind dafür Voraussetzungen. So bildet sich nach und nach ein agiles Mindset aus, das es ermöglicht, flexibel und situativ auf sich ständig verändernde Gegebenheiten zu reagieren.

Erste hilfreiche Fragen, um das Augenmerk auf sich selbst zu richten, können für den Anfang sein:

  •  Wie treffe ich meine Entscheidung?
  •  Was sind meine Kriterien und wodurch und durch wen sind sie bestimmt?
  •  Was sind meine handlungsanleitenden Werte?
  •  Sind es wirklich meine eigenen Werte?

 Wie kann ich meine Muster verändern

Um Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit zu erreichen, ist es in Zeiten von Orientierungslosigkeit hilfreich, wie schon angerissen, bei sich anzufangen. Fragen Sie sich: Was tut mir gut? Wirklich gut!

Nachdem Sie Ihre Muster identifiziert haben, stellt sich die Herausforderung: Also was könnte ich an meinem Verhalten ablegen, verändern, an neuen Verhaltensweisen riskieren?

Dazu ist es meist hilfreich sich umzutun und zu schauen, wie gehen andere mit ihrem Nichtwissen, mit Unschärfen um. Was könnte ich gut gebrauchen, mir abgucken, zum Vorbild nehmen?

Neben ggf. der Einführung von Entspannungstechniken und der Vertiefung von Selbstberuhigungsfähigkeiten, könnten Sie entdecken, dass Andere ganz bewusst die eigenen Annahmen hinterfragen. Manche stellen sich immer wieder die Frage, wie kann ich etwas auch sehen (Perspektivwechsel). Andere denken Dinge gegen den Strich, manch einer baut auf Schwarmintelligenz, teilt Probleme mit anderen. Es gibt viele weitere Strategien im Umgang mit sich in der BANI-Welt. Entdecken Sie, was Sie unterstützt. Fangen Sie mit ein oder zwei Aspekten an, die Sie ansprechen. Bedenken Sie: Neues zu integrieren braucht Zeit. Machen Sie Ihre Erfahrungen, werten Sie diese aus, gönnen Sie sich, (sich) auszuprobieren. Was dann trägt, gilt es durch Wiederholungen zu verfestigen.

Autoreninformation

Die Diplompsychologin und Psychologische Psychotherapeutin Brigitte Scheidt ist langjähriges Mitglied der DGfK e.V. Sie berät Menschen bei beruflicher Neu- und Umorientierung.

Buch „25 letzte Sommer“ von Stephan Schäfer

Von Doris Brenner

Als Karriereberaterin erlebe ich viele Kunden, die auf der Suche nach einem sinnhaften Leben sind, in dem auch die Arbeit einen harmonischen Bestandteil darstellt.
Daher empfehle ich gerne 25 letzte Sommer von Stephan Schäfer als leichte Sommerlektüre mit Tiefgang – für alle, die sich genussvolle Impulse für ihre persönliche Balance wünschen.

>> Sommerzeit, Urlaubszeit, da greift man doch gerne auch mal zu einem Buch, das nicht im klassischen Sinne Fachliteratur ist. Und doch hat Stephan Schäfer mit „25 letzte Sommer“ mehr geschrieben als ein Buch das Zerstreuung bringt. Stephan Schäfers „25 letzte Sommer“ ist ein fesselndes und tiefgründiges Werk, das den Leser auf eine emotionale Reise mitnimmt. In unserer Welt, die oft von Hektik und Stress geprägt ist, bietet dieses Buch eine willkommene Gelegenheit zur Reflexion und Selbstfindung.

Die Erzählung dreht sich um die Suche nach persönlicher Balance und dem Streben nach einem erfüllten Leben. Am Küchentisch eines alten Bauernhauses kommen Max, ein von vielen beruflichen Sachzwängen Getriebener und Karl, der Tag für Tag Kartoffeln sortiert ins Gespräch und teilen ihre Lebensgeschichten miteinander. Schäfer gelingt es meisterhaft, die inneren Konflikte seiner Protagonisten darzustellen, während sie sich mit den Herausforderungen des Lebens auseinandersetzen. Die Geschichte ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich und inspirierend. Sie lädt dazu ein, über die eigenen Prioritäten nachzudenken und die eigene Lebensweise zu hinterfragen.

Besonders hervorzuheben ist der einfühlsame Schreibstil des Autors. Seine bildhaften Beschreibungen und emotionalen Einblicke schaffen eine Verbindung zwischen den Charakteren und dem Leser und man erkennt sich in einigen der dargestellten Herausforderungen wieder.

Für Menschen, die auf der Suche nach ihrer persönlichen Balance sind, bietet „25 letzte Sommer“ wertvolle Anregungen und Denkanstöße. Das Buch ermutigt dazu, innezuhalten, die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen und aktiv an der Gestaltung des eigenen Lebens zu arbeiten. Es ist ein Leitfaden für alle, die lernen möchten, wie man im hektischen Alltag Momente der Ruhe findet und das Wesentliche im Leben schätzt.

Insgesamt ist „25 letzte Sommer“ ein bereicherndes Leseerlebnis, das sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt. Daher ist es auch eine wertvolle Lektüre für Karriereberater zum Selbstlesen und zur Weiterempfehlung an ihre Beratungskunden. Denn es öffnet die Gedanken, um aus der Routine auszubrechen und über Alternativen nachzudenken.

Autoreninformation von Doris Brenner, Initiatorin und Gründungsvorstand der DGfK, arbeitet als Karriereberaterin, Personalentwicklerin und Coach. www.karriereabc.de