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Karriereberatung  in verunsichernden Zeiten

Von Brigitte Scheidt

„Ich höre mir kaum noch Nachrichten mehr an, ich kann das alles nicht mehr hören, mir ist das alles zu viel.“ Solche und ähnliche Sätze höre ich vermehrt in meinem Umfeld, privat wie in der Beratung. Sie auch? Angestrengtheit und Besorgnis sind offen oder latent weit verbreitet. Sie erfassen immer mehr Leute. Diese Gefühle gehen nicht einfach weg, man kann sie nicht mehr vermeiden, Eskapismus reicht auch nicht weit: Trump ist immer noch da, der Ukrainekrieg, ein Ende ist nicht klar, die deutsche Wirtschaft, wann kommt sie in Schwung, Klimakrise, tun wir genug, Demokratie, wie stabil ist sie und natürlich die Auswirkungen von KI, Fachkräftemangel und gleichzeitig Entlassungen, gibt es meinen Job demnächst noch, u. a.?

Bis auf den letzten Punkt – 

was hat das alles mit Karriere/ Karriereberatung zu tun?

Diese gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen und diese Realitäten haben bewusst oder unbewusst Auswirkungen auf die Befindlichkeit von Menschen und unter diesen Bedingungen findet eben Beratung und Coaching statt. Wenn Beratung wirklich empowern und hilfreich sein will, erfordert dies von Beratern und Beraterinnen  m. E. diesen Kontext mitzudenken und ggf. aktiv einzubeziehen, denn diese Gefühle sind in den Beratungen latent gegenwärtig, ob ausgesprochen oder nicht und verursachen im unterschiedlichen Ausmass Stress.

Menschen tendieren je nach Vorerfahrung mit solchen Stresssituationen unterschiedlich umzugehen. Da sind – grob eingeteilt – die einen, die sich tendenziell schnell ausgeliefert fühlen, eher ängstlich und besorgt reagieren, entsprechend möglichst Risiken vermeiden, denen es schwer fällt sich Neuem und Veränderungen zu öffnen. Andere wiederum, können Ohnmachtsgefühle kaum ertragen, neigen eher zu schnellen, manchmal auch übereilten Handlungen und Entscheidungen. Zwischen diesen Polen gibt es viele Grauabstufungen, auf die zu blicken es sich lohnt.

Zur Professionalität von uns Beratern und Beraterinnen gehört es natürlich dazu, sich selbst immer wieder klar über die eigene Besorgtheit und das eigene „Angefasstsein“ zu  werden und sich bewusst zu machen, mit welchen Mustern reagiert jeder/ jede auf solch latenten Stress (Empörung, Verdrängung, Ignoranz, Wird-Schon-Gut-Gehen, sich Zumachen (mit und ohne Mittel) Resignation,) und welche konstruktiven Wege stehen zur Verfügung – uns aber auch unseren Klienten.

Für die Beratung können diese Themen direkt zentral werden, wenn die diffuse Besorgnis die Handlungsfähigkeit  von Klienten lähmt.

KarriereberaterInnen als Risikoscouts

Welche Hilfestellungen können wir KarriereberaterInnen für den Umgang mit dieser verunsicherten und verunsichernden Welt anbieten?

Wir können unsere Klienten unterstützen, die eigene Nahwelt aufzuräumen:

Die Besorgtheit erweist sich bei genauer Betrachtung oft als ein eher schwammiges Gefühl. Hier hilft es mit den Betreffenden die Befürchtungen herauszudestillieren. Was genau befürchtet jemand? Gelingt es aus diffusen Ängsten die dahinter liegende Furcht zu benennen, so wird sie besprechbar und man kann (in der Beratung) einen Weg entwickeln damit umzugehen. Dazu erweist es sich m.E. ein quasi Dreiklang als hilfreich: die jeweils dahinter liegenden Konstrukte zu untersuchen, die Muster zu erkennen und Ressourcen und Energie zu aktivieren.

Zu Konstrukten

Zentral erscheint mir die Klienten zu unterstützen sich mit ihren diesbezüglichen Konstrukten auseinander zu setzen. Mit welchen Überzeugungen blickt jemand auf die Welt, was glaubt er/sie über sich, die eigene Rolle, die eigene Möglichkeiten usw.. Das, was wir glauben, was für uns denkbar erscheint, bestimmt unsere Realität. Der angeleitete Blick auf „die innere Landkarte“ kann den Betreffenden mehr Klarheit und Draufsicht auf die eigene Situation und Möglichkeiten zu gewinnen. Fragen wie: Wie könnte man es auch sehen? Wo könnte man sich genauer informieren? Macht es einen Unterschied, wenn man mit anderen darüber redet. Welche Vorteile hat ggf. das jeweilige Konstrukt? bieten sich dafür an.

Zur Mustererkennung

Menschen haben in der Regel eingeschliffene Verhaltensmuster, mit denen sie auf ähnlich eingeschätzte Situationen reagieren, bzw. wie sie mit damit verbundenen Gefühlen wie Angespanntheit, Stress oder Besorgnis umgehen. Die jeweiligen Muster im Rahmen von Beratung zu erkennen und untersuchen, kann die Klienten unterstützen eine Draufsicht zu gewinnen und wieder handlungsfähig zu werden, Muster können infrage gestellt, auf ihre Plausibilität und Effektivität hin betrachtet werden. Beispielsweise hat jemand die Tendenz sich bei Problemen zu zumachen, kann es hilfreich sein, eigene Kriterien zu entwickeln, wann dieses Verhalten kontraproduktiv sein könnte.

Tankstellen

Natürlich sollten die Energiequellen nicht vergessen werden. Hier hilft  die Suche nach den speziellen Tankstellen, denn in unsicheren Zeiten ist es zentral, die eigenen Ressourcen zu aktivieren. Was genau gibt jemandem Energie und Kraft? Was bringt einen zum Lachen? So kann man durch die bewusste Nutzung dieser Tankstellen etwas für die eigene Resilienz tun.

Autoreninformation

Brigitte Scheidt ist Diplompsychologin und Psychologische Psychotherapeutin und hat sich als Karriereberaterin auf berufliche Neuorientierung sowie auf entwicklungsorientiertes Coaching spezialisiert. Sie ist Mitglied der DGFK e.V.

Karrieren stärken: Wie Positive Psychologie das Coaching wirkungsvoller macht

Karrieren stärken: Wie Positive Psychologie das Coaching wirkungsvoller macht

Von Dr. Claudia Sorg-Barth

In einer Welt voller beruflicher Umbrüche, unsicherer Karrierepfade und wachsender Selbstzweifel suchen viele Klientinnen und Klienten im Karrierecoaching nicht nur nach einem Job – sie suchen nach Orientierung, Sinn und innerer Stärke. Die Positive Psychologie bietet hier einen wirksamen und wissenschaftlich fundierten sowie gleichzeitig praxistauglichen Zugang. Sie hilft Karriereberatern dabei, das volle Potenzial ihrer Klientinnen und Klienten sichtbar zu machen und gezielt zu fördern – jenseits von Defiziten, Ängsten und bloßer Zielerreichung.

Foto: csb / Stärkenkarten des Inntal Instituts

Was ist Positive Psychologie?

Die Positive Psychologie, begründet unter anderem durch Martin Seligman, widmet sich der Frage: Was lässt Menschen aufblühen? Im Fokus stehen Ressourcen, Stärken, Sinn und erfüllende Erfahrungen – kurzum: das, was das Leben lebenswert macht. Anders als viele klassische psychologische Ansätze, geht es nicht um die Reparatur von Mängeln, sondern um das Entfalten von Potenzialen.

Warum Positive Psychologie im Karrierecoaching?

Karrierecoaching bewegt sich oft in einem Spannungsfeld aus Leistungsdruck, beruflichen Umbrüchen und Identitätsfragen. Ein stärken- und sinnorientierter Ansatz kann hier Orientierung geben.
Positive psychologische Interventionen fördern:

  • Selbstwirksamkeit („Ich kann etwas bewirken“)
  • Zukunftsoptimismus, Hoffnung („Ich bleibe zuversichtlich“)
  • Psychologische Ressourcen wie Resilienz und Zielklarheit („Ich weiß, wo ich hinwill und wie ich es trotz Hindernisse erreichen kann“)

Diese Werte und Ressourcen eröffnen neue Perspektiven und stärken die emotionale Basis, um berufliche und private Entscheidungen tragfähig zu gestalten.

Vier Kerninterventionen aus der Positiven Psychologie

  1. Stärken sichtbar machen
    Die Arbeit mit dem VIA-Stärkeninventar (http://www.viacharacter.org, online kostenfrei verfügbar) hilft Klienten, ihre „Signaturstärken“ zu erkennen und gezielt im Beruf einzusetzen. Studien zeigen: Wer seine Stärken nutzt, ist nicht nur erfolgreicher, sondern auch erfüllter.
  2. „Best Possible Self“-Übung
    In dieser bewährten expressiven Schreibintervention entwirft der/die Coachee ein Zukunftsbild (z. B. in einem, drei oder fünf Jahren) von sich selbst in einem erfüllten, erfolgreichen Berufsleben. Diese Methode stärkt Optimismus und unterstützt konkrete Zielbilder.
  3. Flow-Erfahrungen reflektieren
    Durch gezielte Fragen nach Tätigkeiten, in denen Klientinnen und Klienten Flow erleben, können Hinweise auf mögliche Arbeitsfelder oder Aufgabenprofile gewonnen werden.
  4. Resilienz fördern
    Gerade in Phasen der beruflichen Neuorientierung oder nach Misserfolgen sind Techniken zur Resilienz-Stärkung, wie z. B. Reframing, Dankbarkeitstagebuch, positiver Tages-Rückblick oder -Ausblick hilfreich, um psychische Widerstandskraft aufzubauen.

Fallbeispiel 1: Karrierecoaching mit Stärkenfokus

Eine Klientin steht nach einer Kündigung vor der beruflichen Neuorientierung. Statt sich nur auf Schwächen oder Bewerbungsstrategien zu konzentrieren, beginnt das Coaching mit einer Stärkenanalyse, welche auch mit den VIA-Stärken ergänzt wird. Über die Reflektion ihrer besten Arbeits- und Flow-Momente entsteht ein klares Bild, welche Tätigkeiten sie erfüllen und was ihr im Job wirklich wichtig ist. Die Kombination aus „Best Possible Self“ und konkreter Zielformulierung führt zu einer überraschenden, mutigen Entscheidung: eine berufliche Selbstständigkeit im Bereich Kundenbindung und KI-Beratung.
Auch wenn dieser Weg zunächst anspruchsvoller erscheint, so ist es ihr Weg, den sie mit Unterstützung ihres Netzwerkes gehen möchte – mit mehr Sinn und Selbstbestimmung als je zuvor.

Oder Fallbeispiel 2: Resilienz-Coaching nach Kündigung

Ein Klient, langjährig im mittleren Management tätig, verliert unerwartet seine Stelle. Der erste Impuls: Erschöpfung, Gedankenkarussell, Selbstzweifel. Statt sofort Bewerbungsstrategien zu entwerfen, beginnt das Coaching mit einer Stärkenreflexion, ergänzt durch ein Dankbarkeitstagebuch. Im Laufe der Gespräche erinnert er sich an frühere Krisen, die er bewältigt hat – und gewinnt allmählich wieder Vertrauen in seine Handlungskraft.
Sein Feedback: „Ich habe nicht gedacht, dass ein Perspektivwechsel so viel Energie freisetzen kann.“

Nutzen für Klienten und Berater

  • Mehr Motivation durch positive Emotionen und Klarheit über persönliche Ressourcen
  • Höhere Nachhaltigkeit von Coachingprozessen, da Ziele intrinsisch verankert sind
  • Bessere Beziehung zwischen Coach und Klient: die kooperative Haltung der Positiven Psychologie stärkt Vertrauen und Offenheit

Fazit & Ausblick

Die Integration Positiver Psychologie in das Karrierecoaching ist kein „Soft Skill“, sondern eine strategisch kluge Erweiterung der eigenen Beratungskompetenz und mehr als ein Trend. Sie verbindet wissenschaftliche Fundierung mit konkreten Tools – und schafft eine Coachinghaltung, die Mut macht und Wachstum ermöglicht. Wer als Karriereberaterin und Karriereberater bereit ist, über Schwächen hinaus zu denken und die Kraft des Positiven zu nutzen, gestaltet nicht nur Karrieren – sondern inspiriert auch echte Entwicklung.

„Positive Psychologie ist nicht die Abwesenheit von Problemen, sondern das Erkennen und Fördern von Ressourcen.“
(Martin Seligman)
„Menschen blühen auf, wenn sie die Gelegenheit bekommen, ihre Stärken zu nutzen.“
(Carol Dweck)

Weitere Literatur:

  • Blickhan, D. (2021). Positive Psychologie und Coaching: Von der Lösungs- zur Wachstumsorientierung
  • Csikszentmihalyi, M. (2017). Flow. Das Geheimnis des Glücks
  • Fredrickson, B. (2011). Die Macht der guten Gefühle: Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert
  • Niemiec, R. (2019). Charakterstärken: Trainings und Interventionen für die Praxis
  • Peterson, Ch. & Seligman, M. (2004), Character Strengths and Virtues: A Handbook and Classification
  • Seligman, M. (2012). Flourish: Wie Menschen aufblühen

Autoreninformation

Dr. Claudia Sorg-Barth ist Vorständin der DGfK und Inhaberin von csb coaching seminare beratung.
Sie begleitet Menschen, Teams und Unternehmen zu den Themen Karriere- und Potenzialentwicklung, Kommunikation sowie Stress- und Resilienzkompetenz.

Macht eine Promotion heute noch Sinn?

Von Doris Brenner und Melanie Schumacher

Viele junge Hochschulabsolventen stehen vor der Frage, ob Sie nach ihrem Masterabschluss ihren Weg in der akademische Welt beenden oder mit einer Promotion weiterführen sollen. Folgt man den Ergebnissen des aktuellen Bundesberichts Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiK) 2025 so zeigt sich, dass eine Promotion sich nach wie vor lohnt.

Eine Promotion lohnt sich

Promovierte Fachkräfte sind am Arbeitsmarkt mit einer Arbeitslosenquote von unter 2 % nahezu voll beschäftigt. Auch belegt der Bericht, dass promovierte Fachkräfte signifikant häufiger Führungspositionen einnehmen als nicht-promovierte Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Zehn Jahre nach der Promotion sind 40 % der Promovierten in einer Leitungsposition tätig, im Vergleich zu 25 % der Bachelor- und Masterabsolventinnen. Also durchaus ein Argument für eine Promotion, auch wenn danach eine Karriere außerhalb der Wissenschaftswelt geplant wird. 

Promotion als Start in die wissenschaftliche Karriere

Für all diejenigen, die eine universitäre Laufbahn anstreben, ist eine Promotion in der Regel zwingende Voraussetzung. Hier stellt sich dann die Frage, ob nach der Promotion die akademische Karriere letztendlich mit dem Ziel einer Professur fortgesetzt werden soll.  

Zwar bleibt die hohe Befristungsquote im akademischen Mittelbau ein Problem. So sind 90 % des wissenschaftlichen Personals unter 45 Jahren weiterhin befristet beschäftigt. Besonders drastisch ist die Lage bei den unter 35-Jährigen: Hier liegt die Befristungsquote bei 98 %. Doch Initiativen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und zur Chancengleichheit zeigen erste Erfolge. So hat sich die Zahl der sogenannten Tenure-Track-Professuren in den letzten Jahren verdoppelt. Dieses Modell bietet jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine planbare Karriereperspektive: Wer sich in einer befristeten Phase bewährt, erhält eine unbefristete Professur.

Auch wenn die Vertragslaufzeiten und der Frauenanteil in frühen Karrierephasen steigen, bleibt doch der Weg zur Professur für viele steinig und unsicher. Befristungen erschweren planbare Karrieren und treiben Talente aus der Wissenschaft.

Soll ich promovieren? Fragen, die Sie sich im Vorfeld stellen sollten

Bevor Sie sich für eine Promotion entscheiden, sollten Sie sich im Vorfeld auch Gedanken über verschiedene Aspekte machen. Hier ein paar Anregungen:

Hinterfragen Sie Ihre Motivation: Was steckt hinter dem Wunsch nach einer Promotion – ist es das Interesse an wissenschaftlicher Arbeit und Forschung oder erhoffen Sie sich vom Doktortitel einen Karriereschub? Ist es wirklich Ihre tiefe, innere Motivation oder rührt der Wunsch nach einer Promotion aus Wünschen, die von außen an Sie herangetragen werden?

Was sind Ihre beruflichen Ziele? Streben Sie eine Laufbahn in der Wissenschaft bzw. in der Forschung/Entwicklung an oder eine Karriere in der Verwaltung oder in der Wirtschaft? – Informieren Sie sich im Vorfeld, gerade wenn Sie nicht forschungsnah arbeiten möchten, ob im angestrebten Bereich eine Promotion eventuell sogar als überqualifiziert angesehen werden könnte.

Passt Ihre Persönlichkeit zum Promotionsvorhaben? – Eine Promotion dauert in der Regel drei bis fünf Jahre und erfordert viel Eigenmotivation, Durchhaltevermögen und Disziplin. Haben Sie diese Eigenschaften in Ihrem bisherigen Lebenslauf unter Beweis gestellt bzw. sind Sie bereit, dies über einen längeren Zeitraum (erneut) zu zeigen? Außerdem sollten Sie sich fragen, wie Sie mit Kritik und Frustration umgehen können. Denn Rückschläge gehören zur Promotion dazu. Überlegen Sie sich also Strategien für einen konstruktiven Umgang damit.

Kompetenzen: Wissenschaftliches Arbeiten erfordert spezielle Kompetenzen. Haben Sie die nötigen Fachkompetenzen, um das Promotionsthema zügig bearbeiten zu können oder müssen Sie sich zunächst noch umfangreich fachlich einarbeiten? Verfügen Sie über die erforderlichen methodischen Kompetenzen wie analytisches Denken, Problemlösen, Themen in der Tiefe bearbeiten oder auch wissenschaftliches Schreiben und Präsentieren? Schließlich werden auch soziale Kompetenzen in der Promotionszeit gefordert. So benötigen Doktoranden, die in Projekten arbeiten, die Fähigkeit zur Teamarbeit und insbesondere, wenn Sie eine wissenschaftliche Karriere anstreben, sollten Sie sich schon früh im Netzwerken üben.

Finanzielles: Wie sieht Ihre finanzielle Situation aus? Reicht die Vergütung der oftmals in Teilzeit vergebenen Promotionsstellen aus? Erhalten Sie ein (ausreichend dotiertes) Stipendium? Denken Sie auch daran, dass Promotionsvorhaben mitunter länger dauern – ist auch dann Ihre Finanzierung gesichert?

Rahmenbedingungen: Erfordert die Promotion Flexibilität mit Arbeiten bzw. Reisen ins Ausland und lässt sich dies mit Ihrem persönlichen Umfeld vereinbaren? Wie sieht die Betreuungssituation aus? Erhalten Sie Unterstützung von Betreuern, gibt es beispielsweise regelmäßige Kolloquien, in denen man sich in der Gruppe austauscht und unterstützt?

Eine Promotion ist bereichernd und auch herausfordernd. Je intensiver Sie die hier (nicht erschöpfend) genannten Aspekte durchdenken, umso mehr können Sie eine kluge Entscheidung hinsichtlich eines Promotionsvorhabens treffen.

Fazit: Eine Promotion eröffnet vielfältige Möglichkeiten – sei es innerhalb der Wissenschaft oder darüber hinaus. Doch sie ist kein Selbstläufer. Wer promovieren möchte, sollte sowohl die persönlichen Voraussetzungen als auch die strukturellen Gegebenheiten sorgfältig prüfen. Je gründlicher Sie Ihre Entscheidung vorbereiten, desto besser können Sie den für sich passenden Weg wählen – gegebenenfalls auch mit Unterstützung durch professionelle Karriereberatung.

Autoreninformation

Doris Brenner ist Wirtschaftswissenschaftlerin mit langjähriger Erfahrung in Fach- und Führungspositionen in der Industrie. Als Karriereberaterin und systemischer Coach hat sie u.a. zahlreiche (Nachwuchs)-Wissenschaftler in Karriereentscheidungen unterstützt und begleitet. Doris Brenner ist Initiatorin und Gründungsvorstand der DGfK Deutsche Gesellschaft für Karriereberatung e.V.

Melanie Schumacher ist Diplom-Kauffrau, systemischer Coach, Karriereberaterin und ZRM-Coach. Sie hat sich mit ihrem Beratungsunternehmen Karriere&Perspektiven auf berufliche Neuorientierung spezialisiert und begleitet u.a. (Nachwuchs-)Wissenschaftler auf ihrem Weg „raus aus der Wissenschaft“. Seit 2017 ist sie Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung e.V. und seit 2022 als stellvertretende Vorständin aktiv.

Karriereberatung im Dickicht der Transformation – zur neuen Rolle als Prozessbegleiter

Von Silke Rusch

Karriereberatung ist schon lange mehr als reine Jobvermittlung. In Transformationsprojekten werden Karriereberaterinnen und -berater nun zu entscheidenden Begleiterinnen und Begleitern für Mitarbeitende und Organisationen – weit über den Trennungsprozess hinaus. Wie gelingt es, emotionale Stabilität zu fördern, Orientierung zu geben und Zukunft aktiv zu gestalten? Dieser Karrierespot zeigt, wie wir als externe Beratenden Veränderung menschlich, professionell und wirksam begleiten können.

Transformation braucht Begleitung

Transformationen sind längst kein Ausnahmezustand mehr, sondern begleiten Unternehmen kontinuierlich – getrieben durch Digitalisierung, neue Geschäftsmodelle, kulturellen Wandel oder externe Krisen. Konzerne und auch KMU nutzen zunehmend strukturelle interne Einheiten, in die Mitarbeitende im ungekündigten Arbeitsverhältnis beispielweise für mehrere Monate versetzt werden und die Gelegenheit erhalten, sich dort als primäre Aufgabe mit ihrer beruflichen Neuorientierung zu beschäftigen. In der Presse wird über derartige Abteilungen als Drehscheiben oder Transfereinheiten berichtet.

Für Mitarbeitende bedeutet diese Versetzung häufig: Unsicherheit, Rollenveränderungen, ein Infragestellen der bisherigen beruflichen Identität. In dieser komplexen Gemengelage übernehmen wir Karriereberaterinnen und -berater eine zentrale Rolle – nicht mehr nur als Expertinnen und Experten für berufliche Veränderung, sondern als prozessbegleitende, empathische Sparringspartnerinnen und -partner auf Augenhöhe.

Idealerweise unterstützen wir das Gelingen der Transformation bereits in der Konzeptionsphase durch Kommunikationstrainings und Coachings für Führungskräfte und Entscheider im Unternehmen.

Frühzeitig ansetzen – auch ohne Kündigung

Unsere Beratungsarbeit mit den einzelnen betroffenen Mitarbeitenden beginnt oft lange bevor eine Kündigung ausgesprochen oder ein Aufhebungsvertrag unterbreitet wird. Wir schaffen in diesen Projekten einen neutralen Raum, frei von internen Interessen und Dynamiken, in welchem wir individuelle Fragen klären können, in dem Ängste und Wünsche offen ausgesprochen und bearbeitet werden können. Diese frühzeitige Begleitung wirkt stabilisierend, fördert Eigenverantwortung und eröffnet echte Perspektiven – ob innerhalb oder außerhalb der Organisation.

Emotionale Stabilität als Schlüssel

Wir bieten emotionale Sicherheit in einer Phase, in der vieles unsicher ist. Wir helfen, Kompetenzen zu identifizieren, Zukunftsszenarien zu entwickeln und den persönlichen Handlungsspielraum zu erkennen. Dabei geht es nicht nur um klassische Karriereberatung, sondern um tiefgehende Reflexion, persönliche Entwicklung und tragfähige Entscheidungen.

Innere Klarheit schafft neue Perspektiven

Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Klientin, langjährig im Unternehmen tätig, stand im Zuge einer Umstrukturierung ohne klare Anschlussrolle da. Die Aussicht auf interne Optionen wirkte diffus, die Selbstzweifel wuchsen. In der Beratung schärfte sie ihr Kompetenzprofil, formulierte klare Kriterien für eine neue Aufgabe, nutzte die Zeit für eine passende, berufliche Weiterbildung – und erkannte so, dass sie mit ihren, teils neu erworbenen Fähigkeiten, intern stark gefragt war. Sie entschied sich bewusst für eine neue Rolle im Unternehmen – mit neuer Energie und neuem Selbstbewusstsein.

Selbstbestimmte Übergänge ermöglichen

Aber auch externe Wege begleiten wir aktiv und konstruktiv. In einem anderen Fall entschied sich ein Klient frühzeitig für einen freiwilligen Ausstieg, da er sich im neuen Unternehmensmodell nicht mehr wiederfand. Durch unsere gemeinsame Arbeit gewann er Sicherheit in der Entscheidungsfindung, baute gezielt ein neues Netzwerk auf, aktualisierte sein Kompetenzprofil und positionierte sich erfolgreich im Markt. Heute ist er in einer für ihn passenderen Organisation tätig – mit dem Gefühl, den Wechsel selbstbestimmt gestaltet zu haben.

Blick nach außen – Märkte, Kompetenzen, Trends

Dabei behalten wir immer auch den Blick nach außen: Arbeitsmarkttrends, sich wandelnde Kompetenzprofile und neue Lernwege fließen aktiv in unsere Beratung ein. Wir unterstützen beim Erwerb von Zukunftskompetenzen, helfen bei der Auswahl passender Weiterbildungen und fördern die aktive Gestaltung der eigenen Employability.

Karriereberaterinnen und -berater bauen Brücken

Im Zusammenspiel mit HR und Führungskräften bauen wir Brücken zwischen individueller Entwicklung und Unternehmenszielen. Wir fördern Eigenverantwortung, stärken Veränderungsfähigkeit und tragen dazu bei, Transformation als gestaltbaren Prozess zu erleben – nicht als Kontrollverlust.

Ob in Konzernen oder im Mittelstand: Entscheidend ist nicht die Größe der Organisation, sondern die Haltung, mit der wir beraten. Wir geben Impulse, befähigen zur Reflektion und begleiten die Prozesse in einer sich wandelnden Arbeitswelt – auch und gerade für die erfolgreiche Durchführung von Transformationsprojekten innerhalb von Organisationen.

Autoreninformation

Silke Rusch ist Mitglied der DGfK und Inhaberin von Rusch Consulting & Coaching, einem Anbieter für ganzheitliche Beratung und Begleitung in beruflichen Veränderungssituationen.

Mehr Flow – weniger Kampf

Mehr Flow – weniger Kampf

Von Josef Albers

Wie Du mit neurowissenschaftlich fundierten Methoden endlich ins Tun kommst

Fällt es Dir schwer, begonnene Aufgaben konsequent zu Ende zu bringen? Oder zögerst Du immer wieder, mit wichtigen Projekten überhaupt erst anzufangen?

Viele meiner Klient:innen kämpfen mit Aufschieberitis. Prokrastination ist kein Zeichen von Faulheit – sondern oft ein Hinweis darauf, dass Körper und Geist nicht im Einklang arbeiten. Der Wille ist da, die To-do-Liste klar – und trotzdem geht wenig voran.

Aber was wäre, wenn es einen Zustand gäbe, in dem wir mit Leichtigkeit ins Handeln kommen – konzentriert, fokussiert, effektiv? Genau das ist der Flow.

Flow – der natürliche Gegenspieler zur Prokrastination

Der Begriff „Flow“ stammt aus der Psychologie und beschreibt einen Zustand völliger Vertiefung in eine Aufgabe. Alles fließt – Zeit, Energie, Fokus. Es ist das Gegenteil von innerem Widerstand, von geistiger Trägheit oder Zersplitterung.

Neurobiologisch betrachtet ist Flow ein Hochleistungszustand. Wenn wir im Flow sind, schüttet unser Gehirn Botenstoffe wie Dopamin, Noradrenalin und Anandamid aus – eine Art körpereigener „Produktivitäts-Cocktail“. Gleichzeitig reduziert sich die Aktivität im präfrontalen Cortex – dem Teil unseres Gehirns, der für Selbstkritik und Zweifel zuständig ist. Das Ergebnis: Wir denken weniger über das Denken nach – und handeln.

Warum Flow im Berufsleben besonders wertvoll ist

Führungskräfte und Wissensarbeiter:innen arbeiten in komplexen, oft unübersichtlichen Settings. Multitasking, Dauerunterbrechungen und Entscheidungsdruck gehören zum Alltag. Genau hier kann Flow Dir helfen – nicht nur, um effizienter zu werden, sondern auch, um wieder Freude an der Umsetzung zu spüren.

Denn Flow-Zustände:

  • fördern fokussiertes Arbeiten trotz Reizüberflutung
  • steigern die Qualität und Geschwindigkeit der Ausführung
  • wirken stressreduzierend und regenerierend
  • unterstützen den Zugang zu Kreativität und Problemlösung
  • stiften Sinn und erhöhen die Selbstwirksamkeit

Drei Wege in den Flow

  1. Klare Ziele setzen – und den nächsten Schritt definieren
    Unser Gehirn liebt Klarheit. Wer nicht weiß, was konkret zu tun ist, gerät schnell ins Grübeln statt ins Handeln. Formuliere deshalb keine „großen Vorhaben“, sondern präzise Mikroziele. Jedes Ziel bringt einen Erfolg, der weiter motiviert.
  2. Die richtige Herausforderung wählen
    Flow entsteht im optimalen Spannungsfeld zwischen Überforderung und Unterforderung. Passe Schwierigkeit und Dauer an Deine Tagesform an – und justiere nach.
  3. Ablenkungen konsequent minimieren
    Flow braucht Fokus. Für 30 bis 90 Minuten solltest Du in einer „geschützten Zone“ arbeiten – ohne Mails, Handy oder parallele Projekte.

Für alle, die’s genauer wissen wollen: Ein Buchtipp

Eine gelungene Zusammenfassung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse liefert das Buch „Follow Your Flow“ von Frederik Hümmeke (2024). Der Autor beschreibt ein auf unserer Biologie basierendes Produktivitätssystem, das leicht an den Alltag angepasst werden kann.

Besonders überzeugend:

  • Der Fokus auf natürliche Energieverläufe statt rigider Zeitpläne
  • Der Verzicht auf Pseudomotivations-Tricks
  • Die Verbindung von aktueller Hirnforschung und praktischen Handlungsanleitungen

Fazit: Wirksamkeit ist lernbar – Flow ist trainierbar

Wer sich wünscht, wieder mit mehr Leichtigkeit ins Tun zu kommen, sollte nicht auf Disziplin allein setzen. Sondern auf Struktur, Klarheit – und Flow.

Wenn Du das Gefühl hast, bei Dir selbst nicht weiterzukommen, kann ein externer Blick helfen. Professionelle Karriere-Beratung unterstützt Dich dabei, die richtigen Weichen zu stellen – für ein zufriedenes Berufs- und Privatleben.

Autoreninformation

Josef Albers ist Diplom-Psychologe und hat sich mit seinem Beratungsunternehmen Kernfindung auf berufliche Zielfindung spezialisiert. Er ist seit 2006 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung e.V.